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Als am 14. August 1980 der Streik auf der Danziger Werft ausbrach, dachte niemand, dass ganz Polen und bald auch das von der kommunistischen Diktatur geknechtete Europa den Weg der Freiheit gehen werden. Die Macht in den Ländern des "Sozialistischen Lagers" war doch weiterhin sehr stark und die Sowjetunion war eine der größten Mächte der Welt. Und gerade gegen dem bis jetzt noch nicht besiegten Goliath hat sich in Gdańsk David-Arbeiter gestellt. Die Danziger Arbeiter sagten: "Genug davon!"
Die direkte Ursache des Streikausbruchs in Gdańsk war die Forderung, die für ihre Tätigkeit in der unabhängigen von der Macht freien Gewerkschaft aus der Arbeit entlassenen Arbeiter Hanna Walentynowicz und Lech Wałęsa wieder einzustellen. Weil Wałęsa an diesem Tage außerhalb der Werft war und dahin gehen wollte, musste er die die Werft von der Stadt trennende Mauer übersteigen. Am 15. August breitete sich der Streik in anderen Betrieben der Dreistadt so aus, dass in der Nacht 16./17. August ein Zwischenbetriebliches Streikkomitee (MKS) unter der Leitung von Lech Wałęsa gegründet wurde.
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Das MKS hat eine Liste mit 21 Postulaten aufgestellt. Das wichtigste Postulat war das erste: "Zulassung der von der Partei und den Arbeitgebern unabhängigen freien Gewerkschaften". Das Postulat war mit den Regierungsvertretern verbissen diskutiert.
Die auf der Danziger Werft streikenden Arbeiter dachten nicht nur daran um ihre eigenen Angelegenheiten zu erledigen. Die weiteren Postulate der streikenden Arbeiter forderten Rede- und Pressefreiheit, Freilassung politischer Gefangenen, Streikrecht und Zugänglichmachung von Medien den Vertretern aller Konfessionen. Postulate gingen weit über einfache Forderungen der Arbeiter hinaus. Sie forderten Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für alle Bürger. Das war also eine erste so sehr verbreitete Bewegung in einem unter kommunistischer Herrschaft stehendem Land, Bewegung, die die grundlegenden Menschenrechte verteidigte.
Der Potest der Arbeiter in Gdańsk hat bei den hervorragenden polnischen Intellektuellen und der demokratischen Opposition ganz schnell Unterstützung gefunden. In Warschau haben 64 Intellektuellen einen offenen Brief unterzeichnet, in dem u.a. geschrieben haben: "Die polnischen Arbeiter mit voller Reife und Entschlossenheit kämpfen heute um ihre eigenen und anderer Bürger Rechte auf besseres und würdiges Leben. In diesem Kampf steht die ganze fortschrittliche Intelligenz auf ihrer Seite. [...] Das übergeordnete Erfordernis für die nationale Staatsräson ist es, Gespräche des Regierungsausschusses mit MKS sofort einzuleiten [...], es ist erforderlich, dass das Recht auf die freie Wahl der Gewerkschaftsvertreter anerkannt wird." Viele Mitglieder der oppositionellen Organisationen (u.a. KOR - Komitee für Arbeiterverteidigung und Ruch Młodej Polski - Bewegung Jungen Polens) haben Streiks aktiv unterstützt indem sie z.B. die Streikenden mit Nahrungsmitteln versorgt und ihnen Druckmaschinen zur Verfügung gestellt haben. Das Streikinformationsbulletin war zu dieser Zeit eine gefragteste Zeitung in Gdańsk. Das Bulletin war seit vielen Jahren erste, nicht mehr unter staatlicher Zensur stehende und öffentlich herausgegebene Zeitung.
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Aus aller Welt kamen Hilfe und Unterstützungsworte. Aus Westeuropa kamen Vertreter der Gewerkschaften und schenkten den Streikenden unterschiedliche Einrichtungen und Geld. Es kamen auch einzelne Menschen, die mit ihrer Anwesenheit und manchmal kleinen Gaben die neue Bewegung unterstützen wollten. Seit Streikbeginn gab es auf der Werft auch zahlreiche Gruppen von polnischen und ausländischen Journalisten, dank deren von dem Kampf der polnischen Arbeiter die ganze Welt Kenntnis erhalten hat.
Równocześnie z całego świata płynęła pomoc i wyrazy poparcia. Przyjeżdżały delegacje związków zawodowych z zachodniej Europy przywożąc sprzęt i pieniądze dla strajkujących, zgłaszali się pojedynczy ludzie, którzy swoją obecnością i skromnymi nieraz datkami wspomóc chcieli nowy ruch. Od początku strajku w stoczni były też liczne ekipy polskich i zagranicznych dziennikarzy, dzięki którym cały świat dowiedział się o walce polskich robotników.
Die mit Regierungsvertretern geführten Gespräche waren schwierig und mühsam. Lange Zeit wollten sich Kommunisten damit nicht abfinden, dass sie einen Teil der Macht abgeben und sich mit dem Willen der Gesellschaft rechnen müssen und dass die entschlossene Stellungnahme der Arbeiter in Gdańsk sie zur Nachgiebigkeit zwingt. Am 21. August kam in Gdańsk ein Regierungsausschuss mit dem stellvertretenden Premierminister Mieczysław Jagielski und in Szczecin ein Ausschuss mit dem stellvertretenden Premierminister Kazimierz Barcikowski an. Erst am 23. August hat der Ausschuss in Gdańsk mehrmals abgebrochene und wieder aufgenommene Gespräche mit MKS begonnen. In dieser Zeit hat sich die Streikwelle auf ganz Polen ausgebreitet. Trotz dessen, dass am 26. August aus dem Hellen Berg polnischer Primas Kardinal Stefan Wyszyński eine beruhigende Predigt gehalten hat, sind Forderungen der Arbeiter radikaler geworden.
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Am 31. August wurde eine von Jagielskis Ausschuss und MKS erzielte Verständigung unterzeichnet. Nachdem am 2. Tor Lech Wałęsa erschienen war und erklärte: "Wir haben Unabhängige Selbstverwaltende Gewerkschaften", die vor dem Tor versammelten Tausenden von Menschen haben spontan skandiert: "Dankeschön!" Der Sieg der Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit in dem Staat, der mit Hilfe von Knechtung regiert war und sich der Lüge und Heuchelei bedient hatte, ist wahr geworden. Das war der größte Sieg in Nachkriegsjahren in Polen. Das war aber auch der Sieg derer, die in den Ländern des "sozialistischen Lagers" Freiheitsberaubung gelitten hatten. Der Sieg der Danziger Arbeiter hat den Tschechen und Slowaken, Russen, Ungaren und Deutschen aus der DDR, Rumänen, Bulgaren, Albanern, Litauern, Letten und Esten - allen im "Lager des Fortschritts und des Friedens" lebenden Menschen - darauf Hoffnung gemacht, dass sich ihr Schicksal ändern kann, dass auch sie Flamme der Freiheit anfachen werden, dass sie solche Lieder, wie dieses, das auf der Danziger Werft entstanden ist, nicht mehr vor sich hin werden summen müssen.
Postulat 22.
Hört auf, euch bei uns ständig zu entschuldigen
Und zu sagen, dass ihr irrt.
Seht unsere müden Gesichter an
Grau und verwelkt, wie unser Leben.
Hört auf, uns zu teilen und zu entzweien,
Punkte und Privilegien zu vergeben,
Die unbequemen Tatsachen zu verschweigen,
Die Geschichte zu verfälschen.
Gebt den Worten ihren Wert zurück,
Dass sie nicht mehr leer bleiben
Dass wir mit Würde leben und arbeiten können
Mit Solidarität unter uns.
Hört auf, euch bei uns ständig zu entschuldigen
Und zu sagen, dass ihr irrt.
Seht unsere Mütter, Frauen an,
Grau und verwelkt, wie unser Leben.
Im November 1980 wurde die Unabhängige Selbstverwaltende Gewerkschaft "Solidarność" endlich beim Gericht eingetragen. So hat die erste in den Ländern des sowjetischen Blocks und von den Behörden unabhängige Organisation der Arbeiter ihre Tätigkeit begonnen. Die erste Bresche in den kommunistischen Monolith wurde geschlagen. Dann sind die nächsten gekommen. Sogar die Nacht des am 13. Dezember 1981 von den Machthabern zur Verteidigung der "Errungenschaften des Sozialismus" verhängten Ausnahmezustandes war nicht im Stande, den polnischen Weg zur Freiheit zu versperren.
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Nachdem am 4. Juni 1989 Vertreter der Gewerkschaft "Solidarność" die ersten freien Parlamentwahlen gewonnen hatten, begann die Geschichte Polens, Europas und der Welt zur Freiheit und Demokratie schneller zu laufen. An den denkwürdigen Tagen "Herbst der Nationen" sind 1989 auf den Straßen in Prag Plakate erschienen: "Polen - 10 Jahre, Ungarn - 10 Monate, die DDR - 10 Wochen, die Tschechoslowakei - 10 Tage". Der Urheber dieses Plakates hat Recht gehabt: der Kampf in Polen um Demokratie sollte so lange dauern, dass die freiheitlichen Aspirationen anderer Länder schneller erfüllt werden können. September 1939, nachdem sich auf in Not verlassenes Polen die ganze Macht des Hitlers Deutschlands stürzte, sprachen die westlichen Alliierten Polens: "es löhnt sich nicht, für Gdańsk zu sterben". August 1980 haben Danziger Arbeiter Rechte auf Würde und Freiheit gefordert, und dabei nicht um ihre eigenen, sondern - laut Parole: "Für eure und unsere Freiheit" - auch deren, die unter Diktatur kommunistischen Totalitarismus lebten. Hätte im August 1980 der noch nicht der Welt bekannte junge Elektriker Lech Wałęsa die Mauer der Danziger Werft nicht überstiegen, wäre 1989 die Berliner Mauer nicht gefallen.
"Wałęsa Mauer" und Berliner Mauer. Zwei wichtige Symbole des heutigen Europas, ein
Symbol des Kampfes und das Zeichen des Sieges. Danziger August '80 und Herbst der Nationen 1989 - der Anfang und siegreiches Finale des Weges zur Freiheit für ganz Europa.
Text: Mieczysław Abramowicz
Fotos: Zbigniew Trybek, Dariusz Kula